Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat infolge eines weitreichenden Urteils des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) nun klargestellt, welche Feststellungen als für die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten an eine afghanische Frau im Regelfall ausreichend sind und in welchen Konstellationen ausnahmsweise weitergehende Feststellungen zu treffen sein werden, wobei der Spielraum für Letzteres wohl denkbar gering ist:

In einem meiner Verfahren hatte der VwGH dem EuGH zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, die dieser mit Urteil vom 04.10.2024 im Sinne meiner Mandantin entschieden hatte. Nun entschied auch der VwGH für meine Mandantin: „Es ist nicht erforderlich zu prüfen, ob die Asylwerberin eine ‚verinnerlichte westliche Orientierung‘ aufweist, weil es angesichts dessen, dass im Herkunftsstaat eine Situation gegeben ist, die in ihrer Gesamtheit Frauen zwingt, dort ein Leben führen zu müssen, das mit der Menschenwürde unvereinbar ist, darauf nicht ankommt.“

Meine Mandantin war als 13jähriges Mädchen nach Österreich geflüchtet und beantragte hier im Jahr 2020 internationalen Schutz. Sie war als afghanische Staatsangehörige im Iran aufgewachsen, wo sie über kein Aufenthaltsrecht verfügte. Es drohte ihr daher jederzeit die Abschiebung nach Afghanistan, wo sie noch nie gewesen war. Auf die Frage, was sie in Afghanistan zu befürchten habe, brachte sie im gesamten Verfahren in Österreich vor, dass sie als Frau in Afghanistan nicht überleben werde. In Österreich hingegen könne sie über ihr Leben, ihren Beruf, ihre Kleidung und darüber, wen und ob überhaupt sie heiraten wolle, selbst bestimmen.

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